Wachstumshormon, auch bekannt als Somatotropin oder Human Growth Hormone (HGH), ist ein Hormon, das von der Hypophyse, einer Drüse im Gehirn, produziert wird. Es spielt eine zentrale Rolle im menschlichen Wachstum, indem es die Zellteilung und das Zellwachstum in verschiedenen Geweben des Körpers fördert. Wachstumshormon ist besonders während der Kindheit und Jugend für das Längenwachstum von Knochen und Muskeln wichtig, bleibt jedoch auch im Erwachsenenalter aktiv, wo es eine Rolle bei der Regulierung des Stoffwechsels, der Muskelmasse, der Knochendichte und der Fettverteilung spielt. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Interesse an der Rolle von Wachstumshormon im Zusammenhang mit Langlebigkeit und Alterungsprozessen verstärkt, insbesondere aufgrund seiner potenziellen Auswirkungen auf den Erhalt von Muskelmasse und der Verlangsamung altersbedingter Degeneration.
Im Kontext der Longevity-Forschung wird Wachstumshormon oft als zweischneidiges Schwert betrachtet. Auf der einen Seite kann es helfen, altersbedingten Verlust von Muskelmasse (Sarkopenie) zu verhindern und die Knochendichte zu erhalten, was insbesondere im Hinblick auf Mobilität und Unabhängigkeit im Alter wichtig ist. Ein Mangel an Wachstumshormon im späteren Leben wird oft mit einer Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit, einer Zunahme des Körperfetts und einer verminderten Lebensqualität in Verbindung gebracht. Einige Anti-Aging-Experten argumentieren, dass eine Erhöhung des Wachstumshormonspiegels durch gezielte Therapien diese altersbedingten Effekte mildern und damit zu einem längeren und gesünderen Leben führen könnte.
Auf der anderen Seite gibt es Hinweise darauf, dass ein Überschuss an Wachstumshormon negative Auswirkungen auf die Lebensspanne haben könnte. Studien an Tiermodellen haben gezeigt, dass eine Überproduktion von Wachstumshormon das Risiko für bestimmte altersbedingte Krankheiten, wie zum Beispiel Krebs, erhöhen kann. Dies liegt daran, dass Wachstumshormon die Zellproliferation fördert, was das Wachstum von Tumorzellen beschleunigen könnte. Im Gegensatz dazu haben Tiere mit niedrigen Wachstumshormonspiegeln tendenziell eine längere Lebensdauer. Diese Befunde legen nahe, dass der Spiegel von Wachstumshormon im Alter entscheidend für den Erhalt der Gesundheit und das Potenzial zur Verlängerung der Lebensspanne ist.
Es gibt einige Longevity-Therapien, die auf die Modulation des Wachstumshormonspiegels abzielen. Eine solche Methode ist die Anwendung von sogenannten Growth Hormone Releasing Hormone (GHRH)-Mimetika oder Growth Hormone Secretagogues, die die Produktion und Freisetzung von Wachstumshormon auf natürliche Weise stimulieren. Dies gilt als schonenderer Ansatz, um die körpereigene Hormonproduktion zu regulieren, statt Wachstumshormone zuzuführen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Rolle des Insulin-like Growth Factor 1 (IGF-1), eines Hormons, das durch die Wirkung von Wachstumshormon in der Leber produziert wird und viele der wachstumsfördernden Effekte von HGH vermittelt. Es wird angenommen, dass IGF-1 eine doppelte Funktion hat: Einerseits fördert es das Wachstum und die Erholung von Geweben, andererseits wird ein erhöhter IGF-1-Spiegel mit einem erhöhten Risiko für Krebs und einer verkürzten Lebensspanne in Verbindung gebracht. Deshalb gilt es, das Zusammenspiel zwischen Wachstumshormon und IGF-1 sorgfältig zu regulieren, um sowohl die positiven als auch die potenziell schädlichen Auswirkungen im Alter zu steuern.
Während die populäre Anti-Agiging-Szene Wachstumshormon oft als „Wunderhormon“ preist, sind viele Wissenschaftler vorsichtig. Die langfristigen Auswirkungen der Wachstumshormontherapie auf die Langlebigkeit sind noch nicht ausreichend erforscht, und es besteht das Risiko, dass übermäßige Dosen die Entwicklung altersbedingter Krankheiten fördern könnten. Fest steht, dass sowohl zu niedrige als auch zu hohe Spiegel von Wachstumshormon gesundheitliche Probleme mit sich bringen können. Deshalb scheint ein hormonelles Gleichgewicht für ein gesundes Altern von entscheidender Bedeutung zu sein.
Insgesamt bleibt Wachstumshormon ein kontroverser, aber wichtiger Forschungsgegenstand im Bereich der Longevity.
